Langer Tag gestern auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom. Während viele Aktionärstreffen nach drei bis vier Stunden beendet sind, war auf der in knalliges Magenta getauchten Bühne der Kölner Lanxess Arena auch um 18.00 Uhr noch Betrieb – nicht zuletzt weil der Vorstand um CEO Tim(otheus) Höttges auch die absurdesten Fragen erschöpfend beantwortete.
Dass eine HV weder eine Betriebsversammlung noch das richtige Forum ist, sich über die Servicequalität der T-Punkte im Spessart auszukotzen, scheint nicht jedem Teilnehmer bewusst zu sein. Aber immerhin: Die Herren auf dem Podium (einschließlich Grandseigneur Ulrich Lehner als AR-Vorsitzender) nutzen die Gelegenheit zu zeigen, dass jeder Aktionär, Mitarbeiter und Kunde (neudeutsch „Stakeholder“ genannt) gleichermaßen ernst genommen wird.
Das war nicht immer so und auch sonst hat sich einiges getan beim Ex-Monopolisten vom Rhein. Das Geschäft mit Inhalten wurde weitgehend abgewickelt oder veräußert (u.a. Verkauf des Portal-Geschäfts an Ströer); stattdessen will der Konzern sich ganz auf die Netz-Infrastruktur fokussieren – was einerseits zwar stabile Erträge abwirft, andererseits aber immens investitionsintensiv ist. Kein Wunder deshalb, dass weder die wirklich coole Opening Show von Tim Höttges, der in einer nachgebauten Wohnzimmer-Kulisse sein Sales-Talent und ein paar Innovationen für das vernetzte Haus präsentierte, noch die erste Dividendenerhöhung seit 2008 mehr als müden Applaus erntete. Irgendwie will wohl niemand so recht glauben, dass die Telekom nachhaltig in der Erfolgsspur bleibt.
Die Ziele sind auf jeden Fall ambitioniert: Ein Umsatzplus von 1-2% pro Jahr mag realistisch sein, doch daraus den bis 2018 auf 3-4% p.a. veranschlagten Zuwachs beim operativen Gewinn zu erwirtschaften, ist schon eine Herausforderung – zumal das Unternehmen ja keine freie Hand bei der Preisgestaltung hat, sondern gerade in Deutschland an einer sehr kurzen regulatorischen Leine geführt wird. Die angepeilte Steigerung des Free Cash Flows um durchschnittlich 10% pro Jahr wird deshalb nur gelingen, wenn das inzwischen zum wichtigsten Wachstumstreiber avancierte US-Mobilfunkgeschäft weiterhin boomt.
Was die Dividende angeht, dürften nicht nur die bis 2018 als Minimum in Aussicht gestellten 50 Cent, sondern auch die jetzt gezahlten 55 Cent tatsächlich verdient werden. Anders als in früheren Jahren wird die Telekom also nicht mehr durch Substanzausschüttungen ausgezehrt; gleichzeitig erscheint die Dividendenrendite von derzeit 3,5% gut abgesichert. Ob’s mehr wird, muss sich zeigen: Auf unsere Nachfrage, ob ein 10%-iger Anstieg des Free Cash Flow im nächsten Jahr automatisch zu einer Dividendenerhöhung auf 60/61 Cent führen würde, gab es von Finanzvorstand Thomas Dannenfeldt keine klare Aussage. Auch eine Sonderausschüttung der Erträge aus dem britischen Joint-Venture EE (2,5 Mrd. Euro) ist nicht vorgesehen.
Insgesamt hat die HV uns in dem Eindruck bestärkt, dass die in den vergangenen Jahren vorgenommene Neubewertung des Konzerns durch die Börse durchaus berechtigt ist. In den DividendenAdel-Portfolios wird man die Telekom trotzdem bis auf weiteres nicht finden, denn schon um unsere erste Hürde – zehn Jahre ohne Dividendenkürzung – zu überspringen, müssen Höttges und seine Kollegen weitere acht Jahre liefern.